Mendelssohn Discoveries – Rare Piano Works
Roberto Prosseda, Decca Italien
Als ich vor einiger Zeit bereits kurz und oberflächlich in diese Aufnahme hineinhörte, da legte ich sie weg, weil ich vom Spiel des mir unbekannten italienischen Pianisten, vom Klang des mir ebenso unbekannten italienischen Flügels, vom Klang der italienischen Aufnahme und vom ersten Eindruck der nicht nur mir völlig unbekannten Werke Mendelssohns nicht sonderlich beindruckt war.
Doch mein CD-Geschäft in Stuttgart wollte wohl diese CD fördern und stellte kürzlich einen ganzen Stapel davon zu den Neuerscheinnungen. Ich kam, sah und zögerte. Doch die Neugier überwog, ich nahm mir zum Hören mehr Zeit und schließlich die CD mit nach hause – vorweg: gut so!
Der Unbekannte, Roberto Prosseda (www.robertoprosseda.com), spielt auf einem Unbekannten (Borgato L282, http://www.borgato.it), der Tonträgerwelt bislang Unbekanntes von Felix Mendelssohn Bartholdy, aufgenommen im Jahr 2005 von einem italienischen Team der Universal Music Italia s.r.l. (CD 476 303 8).
Anfangs erinnert mich das Gehörte an einen älteren Flügel, aufgenommen in einer mittleren Schulaula. Außerdem habe ich beim Hören das von mir nicht näher beschreibbare Gefühl, daß bei der Mechanik des Instruments Ähnlichkeiten zu leichtgängigen Tastaturen aus den 20ern des vergangenen Jahrhunderts bestehen. Aber das nur am Rande…
Nach wenigen Minuten habe ich mich eingehört. Schöne Töne kommen aus diesem Instrument, das klanglich insgesamt an älteres erinnert, sich aber als obertonreiches Farbenwerk entpuppt.
Wo ich bei Prosseda anfänglich in ein paar Passagen eine gewisse mechanische Unzulänglichkeit vermutet habe entdecke ich mit der zeit einen unprätentiösen Musiker, der dieser wunderbaren Musik zu angemessenem Auftritt verhilft. Schöne Stücke und Stückchen, vom Vierzehnjährigen komponiert, bis hin zu scheinbar vertrautem (Nr. 6), bei dem man, wie so oft bei Mendelssohn, Anklänge zu großen Werken wie dem Elias hören kann und doch auf dem Pfad scheinbar bekannter Noten immer wieder neues und ungehörtes entdeckt.
Die mit über 78 Minuten ordentlich bestückte CD endet mit drei weltbekannten Titeln aus dem Sommernachtstraum, und doch sind diese Tracks in der Originalfassung des Komponisten erstmals so eingespielt worden. Der Hochzeitsmarsch beschließt ein wunderschönes Klavieralbum, das ich den Felix-Fans ans Herz lege.
Wer es als Rausschmeißer noch heftiger mag, der sollte dann im Anschluß die phantastische Liszt-Version des Heiratsklassikers mit Arcadi Volodos genießen (Live at Carnegie Hall, 21.10.98, Sony 60893). Wie? Nicht vorhanden? Auch kaufen!
In diesem Sinne viel Spaß mit Mendelssohn und Prosseda, vielleicht einen Prosecco dazu und einfach laufen lassen…